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Was ist Wahrheit?
Alles ist zunächst wahr und unwahr zugleich - die Realität ist die Gleichzeitigkeit aller nur erdenklichen Wahrheiten.
Die "Wahrheit" ist demnach nicht die Realität! Sondern das, was ich aus dieser Gleichzeitigkeit aller nur erdenklichen Wahrheiten (der Realität) heraus für mich als "wahr" (an)nehme.
Alltagspraktisch bedeutet dies, dass eine "Wahrheit" für mich nur dadurch entstehen kann, dass ich etwas (z. B. eine Aussage, einen Gedanken, eine Wahrnehmung)
als "wahr" (an-)nehme. Sehe ich einen Gegenstand, muss ich ihn z. B. als Stuhl 'wahr' nehmen, um für mich als Stuhl zu gelten. Für jemanden, der den gleichen Gegenstand als Kleiderständer
'wahr' nimmt, ist er wahrhaftig ein Kleiderständer. Diese - dann seine - "Wahrheit" ist genauso falsch und richtig zugleich wie meine und alle anderen "Wahrheiten".
Jeder und niemand hat Recht zugleich. Denn objektiv ist der Gegenstand weder ein Stuhl noch ein Kleiderständer - erst die subjektive Bedeutungsgebung eines Betrachters macht ihn zu dem, was er für den Betrachter darstellt.
Fehlt jemandem die Erfahrung oder Fähigkeit, einen Gegenstand als das zu sehen, was ein anderer in ihm sieht, können beide keine gemeinsame Deutung und Verständigung darüber führen.
So entsteht Streit. Die Talkshows leben davon. Grund aller Diskussionen sind differente "Wahr"-Nehmungen (Bedeutungsgebungen) von etwas geglaubt Gleichem, die miteinander um Allein- und Allgemeingültigkeit ringen.
Ziel jeder Auseinandersetzung ist i.d.R. die Einigung, sprich dass das, was der eine in einem Gegenstand "sieht" ("das ist ein Stuhl!"), soll auch der andere gefälligst darin sehen.
Fakten? Ein "Stuhl" hat 4 Beine, eine horizontale Fläche und eine vertikale. Eine solche Argumentation setzt voraus, dass derjenige, der darin eindeutig einen Kleiderständer erkennt,
darin nun einen Stuhl erkennen kann. Meist nicht, denn sonst würde er darin bislang keinen Kleiderständer, sondern einen Stuhl gesehen haben.
Objektive Messungen? 45 cm Höhe ... was bedeutet "45"? Was sind "Zentimeter"? Werte, Zahlen, Quantitäten, usw. funktionieren nur als Konventionen kollektiv vereinbarter "wahr"-Nehmungen.
Verweigere ich einem Gegenüber das Anerkennen der Konvention, bringe ich sein Argument zu Fall. Beliebt, gerade auch in Talkshows: "Das muss man relativ sehen".
Nur scheinbar paradox: Auch eine Unwahrheit muss von mir wahrgenommen (= als "wahr" genommen) werden, um für mich eine Unwahrheit zu sein: "ich nehme es als wahr, dass XYZ unwahr,
eine Lüge, falsch, ein Betrug, ein Fake, usw. ist". Das Unwahre ist also für mich wahrhaftig.
Gleiches gilt für Fantasien, Träume, Halluzinationen, abstrakte Ideen, usw.: Ich muss sie vorher wahrnehmen, um dann als meine Gedanken in mir vorhanden zu sein.
Denn mein Gehirn kann ja nicht etwas denken, was es nicht kennt.
Somit entscheide ausschließlich ich selbst durch meine "Wahr-"Nehmung, also durch meine Auswahl und Zustimmung, was "wahr" ist:
Stimme ich innerlich und gefühlsmäßig (bewusst oder unbewusst!) einer Wahr-Nehmung und Gedanken zu, wird dieser Gedanke für mich wahr.
In der Regel geht dieser Vorgang so schnell, dass etwas für mich längst "wahr" wurde, bevor ich es überhaupt bemerkt habe.
Hierfür reicht bereits das Empfinden eines Gefühls: Es "schaltet" eine Möglichkeit (Virtualität) zu einer Wahrheit.
Für Tiefeninteressierte:
1) Eine nachweisbare Entsprechung findet diese Denkmechanik in der Quantenphysik, die die Gleichzeitigkeit auch einander widersprüchliche Zustände voraussetzt bis exakt zu dem Moment,
an dem der Zustand beobachtet (= wahr-genommen) wird. Prominent ist dies bekannt u.a. als Gedankenexperiment "Schrödingers Katze"*.
2) Ausgehend von der Tatsache, dass jeder Gegenstand, jedes Lebewesen und jede physisch wahrnehmbare Existenz (sprich die "Realität")
aus 99,999999999 % masseleerem Vakuum (Raum zwischen allen atomaren Teilchen) besteht, geht die Forschung davon aus, dass dieser Raum mit Informationen und
Energien als masse- und zeitlose Virtualität gefüllt ist, wartend darauf, in die "Realität" geschaltet zu werden durch Beobachtung und Bedeutungsgebung.
Diese findet statt durch Bewusstsein, unbewusst durch Identifikation via Gefühle**.
Durch die Sinn- und Bedeutungsgebung kollabieren die Möglichkeiten aus dem Rauschen der Virtualität (Plenum) zu einer Entität (etwas, das ein Sein hat) auf eine
messbare Kraftübertragung und wird = Realität.