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Plädoyer für mehr Mut

Marktforschung ist ein Produkt. Aus Zweifel und Gewinnsucht.

"Früher hatten die Unternehmer Mut, heute haben sie die Marktforschung" - so oder ähnlich hätte Ex-Kanzler Helmut Schmidt auch andere meinen können, als er das Verhältnis der Politiker zur Meinungsforschung beschrieb*.


► eine kritische Annäherung | MIND YOUR STEP

Marktforschung

Abb: eigen

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Sein Spruch* ist zwar schon rund vierzig Jahre alt, galt nie als Vision, trifft aber wohl heute mehr denn je: Gremien, Boards, Political Correctness, knappere Etats, zunehmend oszillierender Wettbewerb ... alles gute Gründe, sich "Sicherheit" zu verschaffen.

Auch für diesen Bedarf gibt es ein Produkt: die Marktforschung. Nicht selten soll sie das Gespür, den "Riecher" des früher meist Firmeninhabers ersetzen, der mit seinen manchmal "utopischen" Visionen, seinen "eigensinnigen" Entscheidungen diziplinarisch auch niemandem gegenüber Rechenschaft ablegen muss. Nur moralisch. Gegenüber der Belegschaft.

Nun scheint die Marktforschung historisch kaum erfolgreicher zu sein als die Intuition des Unternehmers - aber profitieren tut sie trotzdem: von den Organisationsformen moderner Unternehmen


Das Produkt Sicherheit stößt auf große Nachfrage in Systemen der latenten Unsicherheit, da wo das Management - ähnlich wie Versicherungen - sich selbst versichern möchte. Gegen die Haftung.


Wer sich (selbst im Irrtum) sicher fühlt, braucht keine Marktforschung. Ihr Zweck und Auftrag zentriert sich im Bedarf des Fragenden nach (meist Entscheidungs-)Sicherheit. Damit geschieht Erstaunliches: Ganz dieser Programmatik gemäß produziert die Marktforschung ihr Produkt Sicherheit plötzlich ebenso konsequent für sich selbst. Es kann ein Widerspruch sein, von ihr einerseits Hinweise auf innovative Perspektiven zu erhoffen und gleichzeitig die Bestätigung absoluter Freiheit von Risiko. Würde dies von ihr gefordert: Sie würde/müsste so lange forschen, bis es keines mehr ist. Und damit schnell die in der Innovation liegende Chance (= Risiko) verdrängen.

Doch nicht nur das Ziel, auch die Methode ist bedenkenswert: Da sie forscht, forscht sie in dem, was sich bietet: im Vorhandenen. Das vermeintliche Fischen in den Trieben ist ein Fischen im Treiben (sofern im Unbekanntem auch Trüben). Aber immer Bestandsaufnahme, stets Gegenwart! "Wie würden Sie entscheiden, wenn morgen ... ?":

Erfasst wird die heutige, gegenwärtige Meinung über ein imaginäres fiktives Morgen - nicht jedoch die zukünftige Meinung über ein bereits als Alltagsgegenwart erlebtes Jetzt.

Wie also verlässlich zu Aussagen über eine Option, Innovation, gar Vision kommen?

So macht Marktforschung eher dort Sinn, wo sie Aussagen über die Gegenwart treffen kann. Wo Verhältnisse, Zusammenhänge und Ausgangssituationen transparent gemacht werden sollen. Marktanteile. Konsumverhalten. Meinungen zur Gegenwart. Wo sie beobachten kann, ohne als Beobachter veränderndes Element der Beobachtungssituation zu sein.

 

Interview


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